Wir gehen gegen das Jahresende zu, und mancher von Ihnen schaut gespannt auf die Wertentwicklung seines Vermögens im vergangenen Jahr. Ob es ein kleines, mittleres oder grosses Vermögen ist, die Entwicklung im vergangenen Jahr, vor allem wenn man in Aktien direkt oder indirekt investiert war, ist sehr gut. Die Aktienmärkte haben sich im laufenden Jahr äusserst positiv entwickelt und neue Höchststände erreicht. Zum Jahresende scheinen sich auch die Rezessionsängste zumindest vorderhand verflüchtigt haben.
Der berühmte Einbruch der Aktienmärkte ist trotz Warnungen und einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums weltweit nicht eingetroffen. Viel-leicht könnte es gegen Ende Jahr leichte Korrekturen geben, da es v.a. institutionelle Anleger gibt, die ihre Gewinne realisieren werden, was ihnen nicht zu verübeln ist. Weniger erfreulich ist es, wenn man einen hohen Anteil an Obligationen hatte, denn diese rentieren praktisch nicht mehr, das vor dem Hintergrund fallender Zinsen und einer historisch eher tiefen Inflation, was die globalen Zentral-banken weiter zur Wachsamkeit veranlassen dürfte, d. h. im Zweifelsfall würden sie lieber die Geldpolitik etwas lockerer als weniger locker gestalten. Dies führt dazu, dass Anleihen trotz tiefer Renditen vorerst eine Stütze erhalten, in der Eurozone gerade auch durch das wiederaufgenommene Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Auch hat an bekanntlich mit hohen liquiden Mittel nichts verdient, im Gegenteil mit den Negativzinsen durch die Nationalbank, müssen wir dafür noch zahlen!
Schauen wir also anlagetechnisch genüsslich auf das vergangene Jahr. Das schon, aber es ist ein mulmiges Gefühl das bleibt, denn die Situation ist äusserst volatil, und vor allem drei Faktoren sind meiner Meinung nach alarmierend: Da ist zuerst einmal die geopolitische Situation: Der Handelskrieg von den USA ist entfacht jetzt nicht nur mit China, sondern zunehmend auch mit Europa wird er negative Folgen auf die Wirtschaft haben. Dies obwohl die letzten Resultate der Verhandlungen zwischen den USA und China positiv waren. Es ist Vorsicht geboten. Damit zusammenhängend weiss man nie, was Donald Trump als nächstes Feuer entfacht. Ein «Impeachment» (Amtsenthebungsverfahren) des amerikanischen Präsidenten ist meiner Meinung nach unwahrscheinlich. Wenn das so eintrifft, wird ihn das auf das Wahljahr 2020 eher stärken.
Der zweite Faktor ist die unsichere Lage in Europa mit dem Brexit. Obwohl Boris Johnson einen überlegenen Sieg gelandet hat, und jetzt eine grosse Mehrheit im Parlament hat, wird der Brexit uns noch lange begleiten, und die bei-den Parteien (EU-Grossbritannien) werden 2020 Gas geben müssen, um alle Themen zu verhandeln. Johnson hat das Königreich geteilt, denn die Schotten und die Nordiren möchten in der EU bleiben. Diese Übergangsphase zeigt eine Unsicherheit und das britische Pfund und europäische Aktien haben inzwischen viel Positives vorweggenommen bzw. in den Preisen antizipiert. Der dritte Faktor ist die weltweite Verschuldung, welche einen Höchststand von US$ 250 Billionen erreicht hat (das sind zwölf Nullen hinter der Zahl!). Dieser steigende Verschuldungsgrad und zwar auf allen Ebenen, sei es der Länder, der Firmen und der Privaten, wird eines Tage zum Bumerang werden. Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, und das wird auch nicht in Kürze geschehen, aber man muss sich dieser Tatsache bewusst werden, und möglicherweise Vorkehrungen treffen.
Wie geht es für Anleger 2020 weiter? Ich glaube weiterhin an stabile Märkte, aber gewisse Korrekturen – ausgelöst durch oben erwähnte Faktoren – können eintreten. Viele Anleger, vor allem institutionelle Anleger, fahren sehr hohe Cash-Bestände, und diese werden sich überlegen müssen, ob sie diese in Aktien investieren sollen. Entscheidend wird 2020 angesichts einer fortgeschrittenen Bewertungsausweitung vieler Regionen die Frage, wie erfolgreich die globalen Unternehmen ihre Gewinnmargen verteidigen können.
Alternativen werden vermehrt in den Fokus kommen, sei dies Private Equity (als das Investieren in Privatfirmen), Gold, Bitcoin, oder Immobilien (auch sehr hohe Bewertungen in diesem Bereich), um nur ein paar zu nennen.
Ein nicht neuer, aber guter Ratgeber für 2020 ist, eine gut diversifizierte Aufteilung der Anlageklassen auch 2020 angesichts der nicht beendeten Phase konjunktureller und politischer Unsicherheiten anzupeilen. Die Weichen sollten Sie jetzt stellen, damit Sie beruhigt ins neue Jahr gehen können. Ich wünsche Ihnen ein gutes Händchen in Ihrer Vermögensverwaltung 2020.
Eric G. Sarasin
ZUR PERSON
Eric G. Sarasin ist Inhaber seiner Familienfirma «White Sail Consulting AG», von welcher er aus verschiedene Verwaltungsratsmandate inne hat, in Unternehmen investiert und Jungfirmen berät. Er ist in diversen wohltätigen Organisationen aktiv, wie bei der Krebsliga beider Basel, der Stiftung «Race for Water» und in mehreren Stiftungsräten.
Eric G. Sarasin ist verheiratet mit einer Amerikanerin und Vater von vier Kindern. Zu seinen Hobbies gehören sportliche Aktivitäten wie Joggen, Yoga, Golf, Fussball und Langlauf. Zudem interessiert er sich für die Filmwelt und Politik.